Der Neoliberalismus bringt nicht nur ökonomische Krisen, Kriege und Finanzmarkt-Crashs hervor - er verändert auch die kulturelle und politische Ordnung. Ausgedient hat der kapitalistische Realist, der das System vernünftig und Kapitalismuskritiker romantisch findet; der zwar über "Gutmenschen" spottet, aber doch auch gern spendet, wenn ein Popstar mal wieder zur Rettung des Regenwaldes aufruft. Zu seinem Wesen gehört es, dass er sich Refugien der Regression und der Moral schafft.
Mittlerweile hat ihn der kapitalistische Surrealist abgelöst. Wo der kapitalistische Realist im System seine Ordnung zu finden hofft, ist der kapitalistische Surrealist geradezu besessen von der Zerstörung aller Ordnungen und Beziehungen. Wie der Surrealist in der Kunst liebt er es, Dinge zueinander zu bringen, die nicht zueinander gehören. Er reagiert mit Lust auf jeden Zusammenbruch, auch den eigenen. Der Crash ist der Kick. Dieser ideale Protagonist des Gegenwartskapitalismus liebt das exzessive Ausleben der Widersprüche; er nimmt das System nicht ernst, akzeptiert aber klaglos seine Totalität. So werden aus Unternehmen Kultstätten und aus den Menschen "Kreative", die in einer symbolischen Performance Sinn und Wert generieren und zugleich an ihrem eigenen Gefängnis arbeiten. Der Mensch ist Marke und Puzzle, Management ist Kunst und Arbeit Bullshit.
Aus einer Glaubensgemeinschaft lässt sich austreten. Aber sich außerhalb von Kultur und Ästhetik des Neoliberalismus stellen? Wo wäre man dann? Die Antwort ist zugleich einfach und schwierig: im Widerstand.