Die Lebenden kümmert allein das Leben und der Tod nur die Toten. Wäre da nicht der lebendige Nachruf auf
die Verstorbenen. Und so gibt es auch einiges zu erzählen von diesem mit zweiunddreißig Jahren angeblich dahingegangenen Kaspar Kaiser, dem Protagonisten von Thomas Heimgartners »Nekrovelle«.
Von Beruf war Kaspar selber emsiger Verfasser von Nekrologen, diesen vielgelesenen Lebensbeschreibungen von Verblichenen, deren Fehler darin zu großartigen Tugenden aufgestutzt werden. Sein Leben - vom großsprecherischen Einzelkind über den flatterhaften Studenten, dem früh die Eltern abhandenkommen, bis zum passiven Eigenbrötler in der Reuß-Stadt Luzern - ist reich an Geschichten. Mit einem gelungenen Salto nell'amore zu Sara und einem furiosen Salto mortale weg aus der Ehe geht es munter - »nekrovellistisch« eben - den Lebensfluss hinunter bis zu Kaspars vermeintlichem Ende im fernen Nepal.
Thomas Heimgartners sprunghaft kühne wie amüsante Erzählweise läuft keineswegs auf üble Nachrede hinaus. Sie ergibt vielmehr einen geradezu idealen Leitfaden für zukünftige »Nekrologisten«: Man rücke nur einmal seinen eigenen Nachruf in die Zeitung, und schon hat man das nachhallende Lesevergnügen beim morgendlichen Kaffee.
Severin Perrig