Die Malerin Martha Haffter (1873-1951) lebte während fast vier Jahrzehnten ein unkonventionelles Leben in zwei äußerst gegensätzlichen Welten: einerseits im übersichtlichen Frauenfeld im Thurgau, ihrem Heimatort und ihrer Landschaft, anderseits in Paris, dem Ort ihrer Ausbildung, wo sie sich lebenslang inspirieren ließ. Sie schloss sich jener anderen Moderne an, die abseits der Avantgardismen eine poetische realistische Malerei in der Nachfolge von Camille Corot und Eduard Manet pflegte und ihr unmittelbares Lebensumfeld in Gemälde von stiller Größe und Innerlichkeit zu übertragen suchte.
Trotz lebenslanger Produktivität und Popularität gerät sie bald nach ihrem Tod in Vergessenheit, ein Schicksal, das zahlreiche eher konservative und gemäßigt moderne Kunstschaffende mit ihr teilten. Es ist Zeit, Martha Haffters wunderbare Bildwelten in einer wissenschaftlich fundierten und reich bebilderten Publikation der breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Diese Monografie anlässlich ihres 150. Geburtstages zeigt, was es um 1900 bedeutete, wenn eine Bürgerstochter die Malerei zum Beruf machen wollte, wie die Künstlerin ihren ganz eigenen Stil entwickelte, welchen Sujets sie sich widmete und wie ihre Kunst über die Jahre rezipiert und beurteilt wurde.