Nichita Danilov ist einer der wichtigsten Lyriker aus dem Kreis jener legendären "80er Generation", der "Optzecisti", aus der, als ihr berühmtester Vertreter, Mircea Cartarescu hervorging. Doch nicht in Bukarest, sondern im moldauischen Iasi zu Hause, blieb Danilov eine Stimme von der Seite. Aus der Bukowina stammend, wuchs er in den 1950er und 1960er Jahren in einem Dorf nahe der ukrainisch/sowjetischen Grenze auf, in einer Welt, die, mitten in der Periode des Proletkults, mental noch mittelalterlich verfasst war: "Ganz gleich, wohin man ging, stieß man auf Dämonen oder auf Gott." Nicht zuletzt dieser Herkunft dürfte sich das, auch von der rumänischen Kritik hervorgehobene, Ungewöhnliche seiner visionären und fantastischen Gedichte verdanken. Jenseits ihrer grotesken, expressionistischen, romantischen, absurden Maskenspiele existiert in ihnen das Transzendente. Dabei verliert Danilovs lyrische Stimme nie an Festigkeit, weder wo er liturgisch feierlich, archaisch und emphatisch das Göttliche zelebriert, noch wo er das plebejische Register des Spottes zieht und alles närrisch bis parodistisch entweiht. Reimlose Verse, eine ernste Diktion, surrealistische Bilderwelten und schwarzer Humor - poetische Schattenspiele einer so mystischen wie apokalyptischen, ironischen wie auch politischen Poetik. Zwar klingen Gedichte wie "Der Präsident" oder "Die blinden Adler" nach lyrischen Antworten auf erinnerte und gleichzeitig heutigste Erfahrungen von Diktatur und Krieg, doch die historische Vision ist universeller: "Der Schnee fällt nun stärker. / Große Flocken bedecken den Körper des Kindes. / Große Krähen kreisen über dem Buch der Geschichte. / Leise verlassen die Zuschauer den Saal." ("Finita la commedia")
Jan Koneffke